Floss auf dem See
Diese Meditation führt aus unserem gewöhnlichen aufgeregten Leben zur Kontemplation, oberflächlich der Kontemplation der Natur, tiefer der meines grösseren, verbundenen Seins.
Verbunden-Sein
Ich erinnere mich kurz daran, dass die Welt ein grosses und vielfach geschachteltes Ganzes ist, zu dem auch ich gehöre. Auch ich bin vielfach geschachtelt – Körper, Gefühle, Gedanke – und dabei tief in das Grössere eingebettet. Eingebettet in meine unmittelbare materielle und soziale Umgebung, in die Menschheit mit ihrer unfassbar tiefen Kultur, in das Leben insgesamt, das sich seit 4 Milliarden Jahren entfaltet und dabei diesen Planeten transformiert, in das was Form geworden ist.
All diese Kategorien und Unterscheidungen gibt es nur in meiner Vorstellung, damit ich die Welt fassen kann, wenn auch nur im Ansatz. Die Welt weiss nichts von alle dem. Die Welt, das ist ein grosses, verbundenes Ganzes in einem selbstvergessenen und wilden kosmischen Tanz. Ein nicht endender Tanz, der alle Sphären meiner Vorstellung erfasst, vom Grössten bis ins Kleinste. Ein Tanz, in dem ich eine Rolle habe, eine winzige nur, aber ich habe eine.
Im Bewusstsein dieses Tanzes, und meiner Rolle, sitze ich in der Meditation, Teil des verbundenen Grösseren.
Körperhaltung
Die Haltung des Königs, der Königin, bringt mich in einen der Meditation angemessen Zustand. Ein Zustand, in dem ich die Kraft habe, allem zu begegnen, was auch aufkommen mag (stark und entspannt), in dem ich weiss, wer ich bin und was ich kann (stolz), in dem ich aber auch weiss, was ich tun muss und wo meine Grenzen sind (bescheiden).
König, Königin. Wie banal! Ich lebe ja einfach nur, habe nichts dafür getan. Sogar meine ganze Funktion ist weitestgehend automatisch, weit unterhalb meines Bewusstseins. Und doch: wie wunderbar mein Sein!
Ob ich mich nun als König verstehe oder nicht, meine bewusste Körperhaltung ist ein Schlüssel. Sie öffnet die Kommunikation zwischen meinem umfassenden Sein und “mir”, dem bewussten Teil dieses Seins. So spiegelt sich mein Zustand in meiner Körperhaltung, wo ich ihn leicht ablesen kann, und umgekehrt hilft mir die Körperhaltung in bestimmte innere Zustände zu kommen.
wahrnehmen ohne zu berühren
Meinen Atem kann ich sehr leicht kontrollieren und es gibt eine Unzahl von Anleitungen und Vorstellungen dazu, wie er zu sein habe, mein Atem. Das ist aber alles nicht wichtig. Wichtig ist, dass “ich” – der bewusste Teil meines grösseren Seins – meinen Atem bewusst spüre, dass ich verstehe, was er mir von meinem grösseren Sein zeigt, dass ich “hören” kann. Erst viel später, wenn ich sehr viel mehr verstehe, kann ich auch diesen Weg zur Kommunikation nutzen, kann ich zu “sprechen” beginnen.
Ähnlich ist es mit meinem Herzschlag, den ich allerdings nicht so leicht beeinflussen kann. Ich kann nicht, wie beim Atem, jeden Herzschlag einzeln “befehlen”, kann noch nicht einmal direkt “befehlen”, dass das Herz schneller oder langsamer schlagen soll. Ich kann es indirekt, mit Bildern. Auch hier, solches Manipulieren und Steuern ist nicht so wichtig, ausser ich verstehe sehr gut wie ich damit wohin komme und warum ich das will. Wichtiger als “reden” ist “hören”. Mit dem Herzen “höre” ich anderes als mit dem Atem.
Solches “hören”, ohne das “Gehörte” zu beeinflussen, ist für alle Wahrnehmungen von zentraler Bedeutung. Wie wollte ich sonst das Wahrgenommene von meinen Vorurteilen und Vorstellungen trennen? Diese Fähigkeit wird immer wichtiger, und schwieriger, je feiner die Bereiche sind, aus denen die Wahrnehmungen stammen. Das Analoge gilt für “reden”, nur in noch viel grösserer Schärfe. Ich muss sehr sehr viel von einem Bereich verstehen, bevor ich beginnen kann, dort zu “reden”, zu handeln.
Ich – Floss – See
Der See vor Sonnenaufgang mit einem pastellfarbenen Himmel, der sich vielfältig in den feinen Wellen spiegelt. In der Ferne zieht ein Reiher tief über dem Wasser vorbei. Weit draussen auf dem See, ein Floss auf dem ich in dieser grossen Ruhe meditierend sitze.
Das friedvolle, beinahe traumähnliche Bild löst in mir eine sanfte Stimmung aus, lässt mich zur Ruhe kommen und ist so stark, dass andere Gedanken und Gefühl weggeschoben werden. Absichtslos, ziellos schauend lösen sich die Verbindungen zwischen Wörter und Realitäten, können sich neu mit inneren Zuständen verbinden. Die sanften Wellen mit ihren vielfarbigen Spiegelungen können dabei zu meinen Gedanken werden, oder zu meinen Emotionen.
Diese neuen Verbindungen könnte ich nun nutzen um meine Gedanken, meine Emotionen völlig zur Ruhe kommen zu lassen, zu schauen, wie die Fläche des Sees immer glatter wird, bis sie als perfekter Spiegel den Himmel zeigt.
Diese Meditation geht aber weiter, bleibt absichtslos und betrachtet nur… bis die Sonne aufgeht, in mir.